25.08.2023
Meine Zeit in Vancouver neigt sich nun nach 6,5 Wochen dem Ende zu. Diese Woche hatte ich viele kleine „letzte Male“. Das letzte Mal Yoga am Canada Place, das letzte Mal Trout Lake Farmers Market, das letzte Mal Essen im Hunnybee Bruncheonette und das letzte Mal Schule. Ich bin hin- und hergerissen: Ich will noch gar nicht weg von hier und der freudigen Erwartung mit meinen Freunden mit dem Wohnmobil auf Tour zu gehen.
Dank meines Schweizer Sitznachbarn bin ich jetzt auch für die Weiterreise gerüstet. Er hat mir nämlich aus einem Outdoorladen eine kleine Pfeife zur Bärenabschreckung mitgebracht. Für sich selbst hat er übrigens eine riesige Dose Bärenspray gekauft. Das lasse ich jetzt mal unkommentiert…
Mein Fahrrad hat übrigens diese Woche ein Upgrade bekommen. Da der Sattel leider etwas abfärbt, hatte ich mir vor kurzem meine blaue Jeans ruiniert. Seitdem bin ich mit einem selbstgemachten Müllsack-Sattelüberzug durch die Gegend gefahren. Die Jungs von der Abgabestation konnten das Elend wohl nicht länger mit ansehen und haben mein Rad mit einem Bezug aus ihrem Bestand aufgehübscht. Ich liebe die Jungs. ♥
Am Montag war ich nach der Schule noch im Stadtteil Yaletown (die Bucket List für meine Zeit in Vancouver ist nun fast komplett abgehakt). Yeletown ist ein hippes Viertel im Herzen von Vancouver. Es ist geprägt von umgebauten Industriegebäuden, belebten Straßencafés und kleinen Läden. Der Bezirk ist bekannt für seine städtische Atmosphäre und sein kosmopolitisches Flair. Die Uferpromenade von Yaletown bietet beeindruckende Ausblicke auf das Wasser und die umliegenden Wolkenkratzer. Beliebt ist der Stadtteil auch wegen seiner gehobenen Restaurants, Bars und des pulsierenden Nachtlebens. In einem kleinen asiatischen Supermarkt habe ich mir exotisches Sushi und ein ausgefallenes Dessert gekauft, es mir unter bunten Schirmen gemütlich gemacht und den Menschen beim Flanieren und Beisammensein zugeschaut. Alles ist so entspannt hier. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass hier in Vancouver niemand gestresst ist.
Nach dem Essen und meiner Menschenstudie habe ich mich dann leider erfolglos mit meinem Müll auf die Suche nach einem Mülleimer gemacht. Eine Frau, die meinen suchenden Blick richtig gedeutet hatte, sprach mich an und erklärte mir, dass der nächste Mülleimer erst am Ende der Straße sei. Da sie aber sowieso in diese Richtung gehen müsse, könne sie mir den Müll dort hinbringen. Also nahm sie mir meine Verpackungen (Widerstand zwecklos) und ging. Manchmal bin selbst ich sprachlos.
Bevor ich mich auf den Heimweg machte, musste ich mich noch um meine Fahrradreifen kümmern. Denen ging nämlich langsam die Luft aus. In Yaletown gibt es eine kleine Verleihstation. Ganz frech fragte ich dort, ob ich mir die Luftpumpe ausleihen könnte. Das war kein Problem und der nette Besitzer kam natürlich sofort raus und hat mir geholfen. Bezahlen? Ein Dankeschön reicht!
Am Dienstag bin ich mit der Schule in eine der vielen angesagten Mikrobrauereien hier in der Stadt gegangen. Mit vielen interessanten Leuten in der Sonne sitzen, was Leckeres essen und trinken und nebenbei Englisch lernen. So viel Spaß kann Unterricht machen. Leider (oder Gott sei Dank) musste ich früher gehen, da die Abgabestation unter der Woche um 18 Uhr schließt und ich ehrlich gesagt keine Ahnung habe, was die mit den Fahrrädern machen, die nicht abgeholt werden. Aber dafür war ich eine der wenigen, die am Mittwoch keinen Schädel hatte. Ich glaube, es ist etwas aus dem Ruder gelaufen, als das „Aufsichtspersonal“ in Form unserer Lehrerin nach Hause gegangen ist.😉
Am Donnerstag begleitete ich einige meiner Mitschüler zum kleinen Flughafen hier in Downtown. Sie hatten einen Rundflug über Vancouver mit einem Wasserflugzeug gebucht. Während sie sich in das kleine Flugzeug quetschten, habe ich bei einem Kaffee in der Sonne meine Hausaufgaben gemacht. Später saßen wir noch an einem hübschen Plätzchen am Canada Place zusammen. Irgendwann kamen wir auf unsere jeweiligen landestypischen Spezialitäten zu sprechen. Ich warf natürlich sofort unsere Spätzle in den Ring und verkaufte sie als eine Art deutsche Pasta. Leider konnte sich die Schweizer Fraktion mit dieser Erklärung nicht zufrieden geben und versuchte mit lückenhaftem Vokabular und einer kleinen Auswahl an regionalen Bieren im Kopf unseren südländischen Mitschülern das Rezept und die Zubereitung zu erklären Mission: gescheitert. War ja klar! Im Interesse der deutsch/schweizerischen und spanisch/kolumbianisch/brasilianischen Völkerverständigung stellte ich mich abends in die Küche, baute mir aus einer Parmesanreibe und einem Holzspatel zwei verschiedene Spätzleschaber und kochte Spätzle. Das Ergebnis war gar nicht so schlecht.
Gestern war dann der letzte Schultag und mit ihm die feierliche Zeugnisübergabe. Ich bin echt stolz auf mich, dass ich das geschafft habe. Natürlich hätte ich noch viel mehr lernen können (und müssen). Ich war sehr oft hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl, lernen zu müssen und gleichzeitig die Stadt und die Umgebung zu sehen, Freunde zu treffen und nicht in den üblichen Stress zu verfallen. Aber ich denke, ich habe das ganz gut hinbekommen und kann auf dem Gelernten in Deutschland weiter aufbauen.
Unsere Abschiedsparty haben wir bei Fernando gefeiert. Er wohnt während seiner Zeit hier in einem luxuriösen Wohnkomplex in North-Vancouver mit allem Schnickschnack inklusive Fitnessstudio, Sauna, Pool und einer Dachterrasse inklusive Mamut-Grills zum Feiern. Es dauerte keine Sekunde, bis wir zusagten, als er uns anbot, dort zu feiern. Und wir haben gefeiert. 😊 Zu essen und zu trinken gab es alles, was die verschiedenen Nationen zu bieten hatten. Musik übrigens auch. Es war ein rauschendes Fest und ein wirklich würdiger Abschied von den tollen Menschen, die mich in den letzten Wochen begleitet haben. Zurück nach Hause ging es dann mit einem Uber in 15 Minuten. Auf 60 Minuten Busfahrt hatte ich wirklich keine Lust mehr.
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