Völkerkunde und Abschiedsnostalgie

14.09.2023

Am Montag verließen wir den Campingplatz von Tofino in Richtung Victoria. Wir entschieden uns, keinen Zwischenstopp einzulegen, sondern die 450 Kilometer direkt an einem Tag zu fahren. Sehr früh hieß es also: Aufbruch. Über Nacht wurde es Herbst auf Vancouver Island und so bekommen wir jetzt schon einen kleinen Vorgeschmack auf den Indian Summer, für den viele Touristen nach (Ost-)Kanada reisen. Frühstück hatten wir am Rande von Port Alberni im Bistro Pescadores. Ein von Frauen geführtes Bistro mit vielen männerfeindlichen Sprüchen an den Wänden. Das Frühstück war reichlich und ziemlich lecker. Notiz an mich selbst: Cholesterinwerte für die nächsten sieben Tage im Auge behalten.

Der Fort Victoria RV Park, den wir für zwei Nächte gebucht hatten, war nicht schön, aber zweckmäßig. Er lag nur neun Kilometer von Downtown Victoria entfernt. Die Wohnwagen standen so dicht an dicht, dass wir von unserem Wohnmobil aus links und rechts Völkerkunde betreiben konnten. Und ich sage euch, auf so einem Campingplatz bekommt man wirklich viel zu sehen. Ein lustiges Hobby ist es auch, sich Geschichten über die einzelnen Camper auszudenken. Den Wahrheitsgehalt können wir leider nicht überprüfen. Aber es wäre schon interessant zu wissen, ob das Zweierpärchen im Minivan gegenüber wirklich Geschwister sind und ob Käpt’n Blaubär, der jeden Morgen um 10 Uhr mit seinem Dackel Gassi geht, wirklich IT-ler ist. Bei unserem Nachbarn Tim, dem Heimwerkerking, bin ich mir allerdings ziemlich sicher, dass er von seiner Frau auf den Campingplatz verbannt wurde, weil seine Werkzeugsammelsucht überhand genommen hat. Mit großem Interesse haben wir ihm einen halben Vormittag lang dabei zugesehen, wie er kistenweise Werkzeug unter seinem XXL-Wohnmobil verstaut hat.

Am Dienstag fuhren wir mit dem Stadtbus nach Victoria. Laut Internet ist Victoria eine charmante Stadt, die Geschichte und Natur gekonnt miteinander verbindet. Also mal sehen. Was mich wirklich überrascht hat, war die Größe der Provinzhauptstadt. Die Stadt mit seinem britischen Flair ist eine Mischung aus einer Ansammlung von lustigen kleinen Läden, bunten Hausbooten, vielen Blumen und noch mehr Touristen. Einen ganzen Tag ließen wir uns durch die Straßen treiben. Am Fisherman’s Wharf gab es zum Abendessen allerlei Leckereien aus frischem Fisch zu essen und lustige Otter und eine Robbe im Wasser zu bestaunen. Da wir keine Lust hatten, den ganzen Weg zurück zur Bushaltestelle zu laufen, sprangen wir kurzerhand in ein Taxiboot und ließen uns zurück nach Downtown fahren. Victoria gefällt.

Am Mittwoch machten wir uns auf den Weg nach Nanaimo. Schon auf der Hinfahrt waren uns die vielen Hinweisschilder für Weingüter aufgefallen. Und da wir die Okanagan Region mit ihren Weinen und Früchten wegen der Waldbrände nicht besuchen konnten, bogen wir kurzerhand rechts ab. Im Cherry Point Weingut bekamen wir auch gleich eine nette Weinprobe mit Geschichten vom Besitzer persönlich. Einem etwas älteren Mann, Typ französischer Lebemann. Leider konnten wir aufgrund der Gepäckbeschränkungen für den Rückflug (mir wird jetzt schon Angst und Bange) nur drei Flaschen kaufen. 

Unseren Platz für die nächsten zwei Nächte hatten wir auf dem Living Forest Campground in der Nähe von Nanaimo gebucht. Da wir noch so früh dran waren, wollten wir uns eigentlich noch das Städtchen anschauen. Der Reiseführer hatte uns zwar schon gewarnt, dass man Nanaimo auch auslassen kann, aber wir wollten uns selbst davon überzeugen. Eine Stadt, nach der sogar ein süßes Dessert (Nanaimo Bars) benannt ist, kann doch nicht so uncool sein. Und was soll ich sagen? Der Reiseführer sollte recht behalten. Nanaimo bzw. das, was wir davon gesehen haben, kann man sich wirklich sparen. Schmutzig, hässlich und einfach nur traurig. Selbst die Menschen machen hier einen ziemlich deprimierten Eindruck. Nur die Rentner, die hier in Wohnsilos zusammengepfercht leben, scheinen sich wohl zu fühlen. Auf jeden Fall sind sie hier in der deutlichen Mehrheit vertreten. 

Unser Campingplatz hier ist riesengroß. Ohne Karte hätten wir am ersten Tag nicht einmal den Weg vom Duschhäuschen zurück zum Wohnwagen gefunden. Aber obwohl der Platz fast ausgebucht ist, hat man noch genügend Privatsphäre. Der Platz liegt am Nanaimo River. Wieder sind wir fast alleine am Wasser und wieder frage ich mich, was die ganzen Camper hier den ganzen Tag machen. Für heute haben wir uns wieder Kajaks ausgeliehen. Da die Gezeiten mal wieder sehr stark sind, konnten wir sie erst um 14 Uhr abholen. Bepackt mit Kaffee und Cider paddelten wir gemütlich auf dem Fluss hin und her und genossen noch einmal ausgiebig das schöne Wetter und die warme Herbstsonne. Ein wirklich schöner Abschluss unserer Zeit mit unserem Wohnmobil mit dem schönen Namen 800-RV4Rent Y30827.

Das Ortsschild von Ucluelet – der kleinen Schwester Tofinos
Das Problem ist, es gibt eine Schnittmenge zwischen den schlausten Bären und den dümmsten Menschen. Kommentar eines Entwicklers für bärensichere Mülleimer
Ein „kleines“ Frühstück gab im Pescadores Bistro in Port Alberni
Abendspaziergang am Portage Inlet in der Nähe unseres Campgrounds in Victoria
Steht uns, oder?!
Höchste Konzentration
Fisch in allen Variationen
Ein Weinchen in Ehren kann keiner verwehren…
Dank Ebbe konnten wir auf direktem Weg – aber mit nassen Füßen – ans andere Ufer kommen

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