I survived!

18.07.2023

Heute war Wandern angesagt. Nach den letzten Tagen voller Menschen, Großstadt und Reizüberflutung hatte ich das dringende Bedürfnis nach Natur, frischer Luft und möglichst wenig Menschenkontakt. Dass ich kurz davor war, um mein Leben zu kämpfen, hatte ich nicht kommen sehen. Aber der Reihe nach.

Um Punkt 7 Uhr wurde ich von freundlichen Bauarbeitern geweckt, die in Ohrenhöhe die Straße vor meinem Fenster aufbaggerten. An Schlaf war nicht zu denken. Gut – Ausschlafen wird sowieso überbewertet. Also packte ich meinen Rucksack und machte mich auf den Weg zum Lynn Canyon Park. Der Lynn Canyon Park ist ein Stadtpark im Bezirk North Vancouver und bekannt für seine Hängebrücke, die 50 Meter über den Lynn Canyon führt. Auf Komoot hatte ich mir eine 14 km lange Tour ausgesucht.

https://www.komoot.de/tour/1217883175?ref=aso&share_token=a2Rdgz0QvGE7uV8gnvQtADjxtuUQ4QBpaUO76YZ42P027Fhiry

Mit dem Bus war ich in weniger als einer Stunde am Ausgangspunkt (die Busverbindungen funktionieren auch hier wie am Schnürchen). Leider war nach 2 km Wanderung schon wieder Schluss. Wegen einer Baustelle war der Weg gesperrt. Umleitung? Fehlanzeige! Aber das scheint Kanadierinnen nicht zu interessieren. Ich stand noch da und überlegte, was ich nun tun könnte, als mir eine nette Frau entgegenkam. Sie meinte, dass man den Weg ruhig laufen könne. Ich dachte noch sehr selbstbewusst „let‘s breaking the law“ und stiefelte los, als sie mir noch hinterher rief: „There are bears around.“ Okay, da war es mit meinem Selbstvertrauen erst einmal vorbei. Was tun in so einem Fall? Erst einmal das Internet befragen. Google sagt: Niemals alleine wandern, Bärenglocke nicht vergessen, im Erstfall laut singen und möglichst groß machen. Toll. Ich war allein auf weiter Flur (der Weg war ja offiziell gesperrt), die Bärenglocke lag noch originalverpackt im Koffer in meinem Airbnb, meine Familie hat mir Singverbot erteilt und mit 1,65 m gibt es in Sachen Größe nicht viel Spielraum. Aber es half alles nichts. Ich bastelte mir eine Glocke aus meiner Getränkeflasche und meiner Smartphone-Kette und wanderte los. Zuerst ließ ich noch Spotify laufen. Das erste Lied, das mir die App abspielte, war „Hungry Eyes“. Das fand ich irgendwie unpassend und so klingelte ich halt kräftig mit der Selfmade-Glocke und versuchte, meinen Puls etwas zu beruhigen.

Aber die Aufregung hat sich gelohnt. Der Park ist wirklich toll. Wunderschöne Regenwaldlandschaft, ein glasklarer Fluss, in dem man immer mal wieder die Beine baumeln lassen oder baden kann, Wasserfälle, schöne Wanderwege und eine abenteuerliche Hängebrücke. Ich war den ganzen Tag dort. Das ist Kanada, wie man es sich vorstellt.

Stolz, dass ich die Wanderung geschafft hatte, fuhr ich wieder zurück. Einen Bären habe ich übrigens nicht gesehen. Unterwegs hatte ich noch ein nettes Gespräch mit dem Busfahrer, der sich in seiner Pause zu mir setzte und mir Geschichten von seinen Bikepacking-Touren durch Europa erzählte.

Jetzt sitze ich hier auf meiner Terrasse und kämpfe mit den Dokumenten, die die Sprachschule angefordert hat. Max, mein Vermieter, und sein Kumpel kiffen hier eine nach der anderen und ich sitze hier im Grasnebel. Ich hoffe schwer, dass ich es schaffe, alles richtig auszufüllen. That is the Canadian way of life…

Darf ich vorstellen: die neue Baustelle an meinem Schlafzimmerfenster
Mee and my Selfmade-Bärenglocke
Alle so …
Und Kanadierinnen so…

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